Die Steigerung der Verkehrs- und Fahrzeugsicherheit hat nach wie vor sehr hohe Bedeutung für die Weiterentwicklung von Automobilen. Über einen langen Zeitraum hinweg haben passive Maßnahmen diese Weiterentwicklung geprägt, wie zum Beispiel Gurtsysteme, welche eine Verbesserung der Knautschzone erreicht haben, oder die differenzierte Anwendung von Airbagsystemen, die einen großen Beitrag zur Vermeidung von Unfallfolgen leisten.
Mit der Einführung von aktiven Systemen wie ABS und ESP, hat Bosch das Tor für die Erschließung ganz neuer Sicherheitspotenziale geöffnet. Diese Systeme führen durch die Unterstützung des Fahrers in „physikalisch schwierigen“ Situationen, wie Schleudern oder Rutschen, zu einer Unfallvermeidung und haben damit eine ganz neue Klasse von Möglichkeiten zur Erhöhung der Insassensicherheit erschlossen.
Sicherheitsrelevante Fahrerassistenzsysteme
Mit der zunehmenden Wandlung von Fahrerassistenzsystemen von Komfort- zu Sicherheitssystemen entstehen weitere grundsätzliche Möglichkeiten zur Steigerung der Sicherheit. Diese Systeme tragen zur Unfallvermeidung nicht nur in physikalischen Grenzsituationen, sondern auch in schwierigen Verkehrssituationen bei. Einer von Bosch durchgeführten Umfrage zufolge mussten beispielsweise 70 % der Befragten innerhalb des vergangenen Jahres eine Notbremsung durchführen, 47 % erlebten den Fahrbahnwechsel als kritisch und 34 % das Ausweichen oder Bremsen. Dagegen verspricht die Vision des vollautonomen Fahrens ein fast vollständig unfallfreies Fahren.
Die Darstellung eines sicherheitsrelevanten Fahrerassistenzsystems kann jedoch, je nach betrachteter Funktion, eine Reihe von sicherheitstechnischen Herausforderungen beinhalten. Aus der gesetzlichen Perspektive sind beispielsweise Rahmenbedingungen zu schaffen, die es überhaupt gestatten, die Verantwortung für ein Fahrzeug vollständig einem Fahrer zu entziehen. Aus der technischen Perspektive muss man zunächst ein angemessen sicheres System konstruieren können. Neben dieser konstruktiven Aufgabe gibt es auch die analytische Anforderung, nachweisen zu können, dass selbst unter allen zu betrachtenden Worst-Case-Randbedingungen und vorhersehbarem Missbrauch die Sicherheit gewährleistet werden kann. Diese Zuordnung der Beweislast stellt unter Umständen zusätzliche konstruktive Anforderungen an den Hersteller!
Für elektronische Systeme im Kraftfahrzeug wurde im Jahr 2011 die Norm ISO 26262 „Road vehicles - Functional safety“ gültig. Die Norm stellt Anforderungen an die Entwicklung und Konzeption von sicherheitsrelevanten Systemen im Automobil und gibt damit als branchenweiter Standard dem Hersteller von sicherheitsrelevanten Produkten auch Hilfestellung dabei, wie er nachweisen kann, dass er eine angemessene Produktsicherheit erreicht hat. Die speziellen Sicherheitsherausforderungen eines Fahrerassistenzsystems sind jedoch nicht durch den Geltungsbereich dieser Norm abgedeckt, da sich die ISO 26262 nicht auf die sogenannte „nominale Performanz“ von Systemen bezieht. Durch diese grundsätzliche Einschränkung, die ganz bewusst im Rahmen der Erstellung der ISO 26262 gemacht wurde, ist eine einfache Übertragung der ISO 26262 Regeln zum Nachweis der Sicherheit eines Fahrerassistenzsystems nicht möglich. Damit müssen, was die Nachweisführung angeht, für diese Systeme ganz neue Wege beschritten werden.
Um die Weiterentwicklung der Sicherheit im Kraftfahrzeug auch weiter kraftvoll zu treiben, stellt sich Bosch sowohl den konstruktiven als auch den analytischen Herausforderungen und trägt dazu bei, dass künftige Fahrerassistenzsysteme die Verkehrssicherheit weiter steigern können.
Das Unternehmen
Bosch ist ein international führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen. Die Bosch-Gruppe umfasst die Robert Bosch GmbH und ihre rund 350 Tochter- und Regionalgesellschaften in rund 60 Ländern. Inklusive Vertriebspartner ist Bosch in über 150 Ländern vertreten. Mit seinen Produkten und Dienstleistungen fördert Bosch die Lebensqualität der Menschen durch innovative und nutzbringende Lösungen.
Bosch-Produkte bieten den Kunden höchste technologische Standards, insbesondere im Hinblick auf ihre innovative und praxisgerechte Technik, ihre wegweisende Qualität und ihre umweltschonende Fertigung. Solche Standards gewährleistet Bosch weitestgehend aus eigener Kraft, mit weltweit rund 39 000 Mitarbeitern in Forschung und Entwicklung (FuE) und dem Einsatz hoher Investitionen in diesem Bereich.
In der Kraftfahrzeugtechnik ist Bosch Weltmarktführer und hat in dieser Sparte eine lange Reihe technischer Pionierleistungen hervorgebracht, die das Autofahren sicherer, sauberer, sparsamer und komfortabler machen. Beispiele sind neben elektronischen Motorsteuerungen und modernsten Hochdruck-Dieselsystemen wie Common Rail, das Antiblockiersystem ABS, das elektronische Stabilitätsprogramm ESP® sowie Navigations- und Fahrerassistenzsysteme.
Zusammenarbeit
Um innerhalb der Grundlagenforschung mit anderen Verkehrsbranchen zusammenzuarbeiten und Forschungsschwerpunkte domämenübergreifend abzustimmen, engagiert sich Bosch intensiv bei SafeTRANS. Durch SafeTRANS als Plattform kann Bosch Forschungs- und Entwicklungsthemen in relevante Roadmaps einbringen und gezielt FuE-Projekte mit starken Partnern durchführen.
www.bosch.de
Shortcuts: Robert Bosch GmbH
Fragen an Karlheinz Topp,
Corporate Sector Research and Advance Engineering,
Coordination public funded Projects:
Was sind Ihrer Meinung nach derzeit aktuelle Forschungsschwerpunkte von Bosch im Bereich Fahrerassistenzsyssteme?
Es gibt aktuell viele Forschungsaktivitäten dazu. Ich sehe hier keinen echten Schwerpunkt. Für mich ist aber eine wichtige Aktivität das Förderprojekt UR:BAN – Urbaner Raum: Benutzergerechte Assistenzsysteme und Netzmanagement. Es befasst sich mit der Wirksamkeit von Fußgängerschutzsystemen und Fahrzeugführung, Umfelderfassung und Modellierung sowie Mensch-Maschine Interaktion in städtischer Umgebung.
Zeichnen sich „Trends“ hinsichtlich der Entwicklung von Embedded Systems ab?
Embedded Systems werden immer leistungsfähiger, unter anderem durch die Einführung der Multi- bzw. Many-core Technologie. Zusammen mit zunehmender Vernetzung werden die Systeme zwar immer komplexer, die Komplexität wird aber beherrschbar durch Modell basierte Entwicklungsmethoden, Referenzarchitekturen und durchgängige Entwicklungsumgebungen, die auf die jeweiligen Anwendungsfälle konfigurierbar sind. Somit können immer präzisere und komplexere Services bereitgestellt werden.
Welche Systeme müssen Ihrer Meinung nach in Serie gehen, um die Vision von „Zero Accidents“ auf der Straße zu verwirklichen?
Wir benötigen präzisere und umfassendere Umfeldsensorik zur Erkennung von Gefahren. Dazu muss die Kommunikation mit anderen Fahrzeugen und der Infrastruktur zur frühzeitigen Erkennung genutzt werden. Schließlich kann dann ein sicheres und vor allem automatisches Anhalten zur Vermeidung von Unfällen realisiert werden.