Verkehrssysteme - mit jeder neuen Generation steigt ihre Komplexität und damit auch der notwendige Aufwand, um sie auf Fehlerfreiheit und Zuverlässigkeit zu überprüfen. Daher hat sich MBAT (Model-based Analysis and Testing) - ein von der ARTEMIS Joint Undertaking gefördertes Projekt - Ende 2011 zum Ziel gesetzt, für diese Problemstellung besonders effiziente und kostensparende Test- und Analyseverfahren zu entwickeln. Zentrales Projektziel war es, computergesteuerte Komponenten in modernen Verkehrssystemen mit durchschnittlich 20% weniger Aufwand bei gleichzeitiger Erhöhung des Sicherheitsniveaus funktional verifizieren zu können.
Moderne Verkehrssysteme sind fast immer sicherheitskritisch. Das bedeutet, auftretende Fehler führen oft zu erheblichen Gefahren für Menschen und Umwelt. Um festzustellen ob das entworfene System fehlerfrei und zuverlässig arbeitet, werden in der Praxis viele aufwändige Tests und Analysen durchgeführt, denn nur so lassen sich alle möglichen Fehlerursachen identifizieren und beseitigen. Statische Analyseverfahren setzten dafür mathematische Methoden und Verfahren ein, um die abstrakten Konstruktionsbeschreibungen der Systeme zu untersuchen. Dagegen nutzen dynamische Tests Prototypen, um einzelne konkrete Fehlersituationen zu simulieren. Die Stärken und Schwächen beider Verfahren ergänzen sich. So können statische Analysen bereits frühzeitig angewendet werden und erlauben mithilfe von automatischen Werkzeugen eine vollständige Untersuchung aller möglichen Kombinationen von Fehler- und Systemkonfigurationen. Bei sehr großen und komplexen Systemen können die nötigen Berechnungen oft jedoch nicht in realistischer Zeit durchgeführt werden. Testverfahren auf Basis von Prototypen dagegen untersuchen sehr genau einzelne Situationen auch bei hoch komplexen Systemen. Allerdings ist die vollständige Überprüfung auf korrektes Verhalten nur schwer zu testen, da die Anzahl der möglichen Kombinationen aus internem und externem Zustand riesig ist. Darüber hinaus sind Aufwand und Kosten für die Erstellung von Prototypen sehr hoch.
Koppelung von Analyse- und Testverfahren
Das MBAT-Konsortium umfasst 39 Projektpartner - darunter Unternehmen der Automobil-, Luftfahrt- und Bahnindustrie, Hersteller von Test- und Analysewerkzeugen sowie Werkzeugplattformen und Forschungspartner. Gemeinsames Ziel der Partner war es, innovative Kopplungen von Analyse- und Testverfahren zu entwickeln um eine erhebliche Reduktion des für Verifikations- und Validierungsschritte nötigen Aufwandes zu erzielen.
Im Laufe des Projektes wurden in 21 integrierten Arbeitsgruppen jeweils ein industrielles System untersucht und die neuartigen Kopplungen von Analyse- und Testwerkzeugen angewendet. Mithilfe neu entwickelter Metriken und Messverfahren konnten die Effektivitätssteigerungen der Lösungen für die 21 Systeme in umfassenden Untersuchungen gemessen und belegt werden. Die in MBAT von Wissenschaftlern und Forschern entwickelte Werkzeuglandschaft wurde in enger Kooperation mit IBM und Dassault - zwei der weltweit führenden Hersteller von integrierten Werkzeuglösungen - erarbeitet und ist ein wichtiger Baustein der entstehenden europäischen Referenz-Technologie-Plattform (RTP) (mehr Informationen zur RTP finden Sie in SafeTRANS News 1/2013 ab Seite 14).
Abstimmung zu standardkonformen Interoperabilitätskonzepten
Neben den konkreten technischen Lösungen sind zwei Ergebnisse von besonderer Bedeutung: Zum Ersten wurden Konzepte für die standardkonforme Interoperabilität von Entwicklungswerkzeugen erarbeitet. Diese Interoperabilitätsspezifikationen legen den Grundstein für die Weiterentwicklung bestehender Standards und den Ausbau der in MBAT und anderen ARTEMIS-Projekten entstandenen und entstehenden Werkzeugkopplungen (mehr Informationen zur Interoperabilität von Werkzeugen in SafeTRANS News 2/2014 ab Seite 12).
Zum Zweiten haben die Partner in MBAT domänenübergreifende Vorgehensweisen und Arbeitsabläufe für die Durchführung effizienter Test- und Analyseabläufe entwickelt, die in Verbindung mit weiterentwickelten Analyse- und Testwerkzeugen ein wesentlicher Schlüssel zur Erreichung der MBAT Projektziele waren.
Die in MBAT entstandenen Lösungen werden nun durch direkte Kooperationen der Partner in die industrielle Praxis überführt und dort für zukünftige Systementwicklungen in den Bereichen Automobil-, Luftfahrt- und Bahnindustrie genutzt.
Kontakt:
Dr. Michael Siegel: siegel@offis.de